Aktuelles

Erbschaftsteuer-und Schenkungsteuergesetz verfassungswidrig

19. Dezember 2014

Mit dem am 17.12.2014 verkündeten Urteil hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) die §§ 13a und 13b und § 19 Abs. 1 ErbStG für verfassungswidrig erklärt. Die Vorschriften sind zunächst weiter anwendbar; der Gesetzgeber muss bis 30. Juni 2016 eine Neuregelung treffen (BVerfG, Urteil v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12).

Der BFH hatte dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob § 19 Abs. 1 ErbStG (Tarifvorschrift) in der im Jahr 2009 geltenden Fassung i.V. mit §§ 13a und 13b ErbStG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungswidrig ist. Die §§ 13a und 13b ErbStG sehen für den Übergang von Betriebsvermögen, von qualifizierten Anteilen an Kapitalgesellschaften und von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen eine Steuerbefreiung in Höhe von 85% (Regelverschonung) bzw. 100% (Optionsverschonung) vor, wenn bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Zusammensetzung dieses Vermögens (sog. Verwaltungsvermögen), seines Erhalts in der Hand des Erwerbers (sog. Behaltensfrist) und der mit dem Vermögen verbundenen Arbeitsplätze (sog. Lohnsummenregelung) erfüllt werden. Nach Auffassung des BFH ist ein Verfassungsverstoß zu bejahen, weil dieses Vergünstigungssystem eine verfassungswidrige Überprivilegierung darstelle. Im Zusammenwirken mit persönlichen Freibeträgen und weiteren Verschonungen sei die Steuerbefreiung die Regel und die tatsächliche Besteuerung die Ausnahme – so der Befund des BFH.

Hierzu führte das BVerfG weiter aus:

Zwar liegt es im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, kleine und mittlere Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, zur Sicherung ihres Bestands und zur Erhaltung der Arbeitsplätze steuerlich zu begünstigen.

Die Privilegierung betrieblichen Vermögens ist jedoch unverhältnismäßig, soweit sie über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen.

Ebenfalls unverhältnismäßig sind die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Einhaltung einer Mindestlohnsumme und die Verschonung betrieblichen Vermögens mit einem Verwaltungsvermögensanteil bis zu 50%.

§§ 13a und 13b ErbStG sind auch insoweit verfassungswidrig, als sie Gestaltungen zulassen, die zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen führen.

Die genannten Verfassungsverstöße haben zur Folge, dass die vorgelegten Regelungen insgesamt mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sind.

Hinweis:

 Damit hat das BVerfG die steuerliche Begünstigung des Übergangs von Betriebsvermögen wegen der damit geschützten Arbeitsplätze an sich als mit dem Grundgesetz vereinbar angesehen und lediglich einzelne Aspekte der geltenden Regelungen beanstandet.

zurück